Änderung der Herkunftskennzeichnung von Honig

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01.08.2024

Was drauf steht, muss auch drin sein – dieser Grundsatz ist ein zentrales Ziel der EU-Honig-Richtlinie (2001/110/EG). Mit der Kennzeichnungspflicht regelt sie seit 2001, welche Angaben auf dem Honigglas stehen müssen. Dazu zählt auch die Herkunft des Naturprodukts. Nach einer ersten Änderung 2014 wurde die EU-Honig-Richtlinie 2024 erneut angepasst. Im Interview spricht Frank Filodda, Vorsitzender des Honig-Verbands, darüber, was sich mit dieser Revision der EU-Honig-Richtlinie ändert und welche Vor- und Nachteile dies für Verbrauchende und honig-abfüllende Betriebe hat.

 

Was ist die Kennzeichnungspflicht von Honig und wie sah die bisherige Regelung aus?

Die Kennzeichnungspflicht ist in der europäischen Honig-Richtlinie verankert und sagt letztlich aus, dass überall dort, wo Honig draufsteht, auch Honig drin sein muss. Als Honig darf also nur das unveränderte Naturprodukt der Bienen bezeichnet werden. Die EU-Honig-Richtlinie legt fest, welche Anforderungen an die Bestandteile im Naturprodukt Honig gelten, also welche Anteile beispielsweise an Fructose und Glucose vorkommen dürfen, wie hoch der Anteil der Enzyme sein muss oder wie hoch der Wasseranteil sein darf. Zusätzlich stellt die Richtlinie klar, dass der Begriff „Honig“ um die Sorte, die geografische oder topografische Herkunft ergänzt werden darf. Natürlich dürfen auch andere Angaben wie das Mindesthaltbarkeitsdatum, die Füllmenge, eine Losnummer sowie Name und Anschrift des Abfüll-Betriebs nicht fehlen. Zur Kennzeichnungspflicht zählt auch die Herkunftsdeklaration des Honigs, die im Wortlaut in der EU-Honig-Richtlinie vorgeschrieben ist.

 

In den letzten Jahren wurde gerade über die Herkunftsdeklaration von Honig viel diskutiert. Mit der Revision der sogenannten „Frühstücksrichtlinien“ durch die EU wurden dafür im Mai 2024 neue Regelungen eingeführt. Worum genau geht es dabei, und was hat sich verändert?

Auf jedem Honigglas, das in der EU verkauft wird, muss stehen, woher der enthaltene Honig stammt. Das sieht die EU-Honig-Richtlinie bereits seit 2005 vor. Auf dem Etikett konnten entweder einzelne oder, falls zutreffend, mehrere Herkunftsländer angegeben werden. Da Honig, wie z.B. auch Kaffee, häufig eine Mischung aus Honigen verschiedener Länder ist, waren darüber hinaus bisher alternativ die Angaben „Mischung aus EU-Ländern“, „Mischung aus Nicht-EU-Ländern“ oder „Mischung aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ zulässig. Das hat sich nun mit der Revision geändert. Nach einer Übergangsfrist von 24 Monaten (also ab Juni 2026) müssen alle Herkunftsländer auf dem Honigglas aufgeführt werden, und zwar in absteigender Reihenfolge entsprechend der Mengenanteile an der Honigmischung. Zusätzlich müssen Prozentangaben darüber informieren, wie viel Honig aus welchem Land genau anteilig in einem Honigglas enthalten sind.

 

Halten Sie die neue Regelung für sinnvoll?

Als Honig-Verband begrüßen wir es, wenn die Transparenz für Verbrauchende steigt und sehen daher die Angabe der Herkunftsländer auf dem Etikett als Verbesserung der bisherigen Regel an. Deshalb haben wir uns auch im Gesetzgebungsverfahren eingebracht und den Vorschlag der Kommission, die Herkunftsländer einzeln auf dem Etikett aufzuführen, unterstützt. Aufgrund technischer Gegebenheiten und aus Platzgründen auf dem Etikett hatten wir allerdings vorgeschlagen, dass die Kennzeichnung mit den ISO 3166 alpha-2 Ländercodes möglich sein sollte. Das wurde leider nicht aufgegriffen. Die Angabe von Prozentanteilen und Listung der Herkunftsländer in absteigender Reihenfolge nach Mengenanteilen halten wir hingegen für sehr problematisch. Denn die zusätzliche Angabe der einzelnen Mengenanteile je Herkunft erhöht den technischen und organisatorischen Aufwand für die Unternehmen enorm und schafft keinen Mehrwert für die Verbrauchenden. Honig ist und bleibt ein Naturprodukt. Die Angabe der Herkunftsländer in den Mischungen wie auch der Mischungsanteile wird sich laufend ändern.

 

Warum?

Durch unterschiedliche Witterungsbedingungen oder andere natürliche Faktoren unterscheidet sich jede Honigernte einer Region von der Ernte davor. Extreme Wetterlagen oder Bienenkrankheiten können auch ganze Ernten vernichten. Um diesen natürlichen Schwankungen und Lieferengpässen zuvorzukommen, wird Honig gemischt. Durch eine Anpassung der Mischverhältnisse können ein stets gleichbleibender Geschmack und eine hohe Qualität gewährleistet werden. Einige vergleichbare Honigsorten, wie z.B. Sonnenblumenhonig oder Rapshonig, werden in mehreren Ländern geerntet. Die Länderherkunft des Honigs ist daher für die Auswahl der Honige bisher nicht entscheidend. Mit der neuen Regelung werden Betriebe eine Länderauswahl treffen, um zukünftig die Anforderungen an die Etikettierung überhaupt umsetzen zu können. Schlichtweg ist die Anzahl der Länder in einer Honigmischung zukünftig ein Thema des verfügbaren Platzes auf dem Etikett. Das wird Imkereien in einigen Lieferländern treffen. Außerdem sind Angaben zu den Mischungsanteilen laufend anzupassen und Reihenfolgen der Länder zu prüfen – ein enormer Aufwand, der den Verbrauchenden keinen Mehrwert bietet. Denn an Geschmack und Qualität des Honigs ändert sich nichts.

 

Das Mischverhältnis von Honig aus den verschiedenen Herkunftsländern hat also keinen Einfluss auf die Qualität?

Nein, das hat natürlich keine Auswirkungen auf die Qualität des Honigs. Es gibt zwei Faktoren für hohe Honigqualität: die Biene und die Imkerei. Wenn beide gut arbeiten, dann ist auch der Honig von hoher Qualität. Kritiker:innen werden jetzt wahrscheinlich behaupten, dass Imkereien im Ausland nicht so gut arbeiten wie die in Deutschland. Das ist Unsinn. Auf der ganzen Welt gibt es Imkereien, die sich hingebungsvoll um ihre Bienen kümmern und hochwertigen Honig produzieren. Dazu kommt: Die EU-Honig-Richtlinie setzt hohe Standards bei der Qualität von Honig. Und die werden natürlich auch durchgesetzt! Honig, der in der EU verkauft werden soll, unterliegt deshalb strengen Kontrollen. Wenn Honig den hohen Standards nicht entspricht, wird er umgehend aus dem Verkehr gezogen. Eine Imkerei, die keine gute Arbeit macht, wird ihren Honig in der EU nicht verkaufen dürfen – das gilt sowohl für europäische Imkereien als auch für Imkereien außerhalb der EU.

 

Warum braucht es überhaupt Honig aus aller Welt? Wir haben doch zahlreiche Imkereien in Deutschland?

In Deutschland konsumiert jede Person durchschnittlich ein Kilogramm Honig im Jahr. Das übersteigt die Menge an Honig, der hierzulande produziert wird, bei Weitem. Ohne importierten Honig kann der Bedarf also gar nicht gedeckt werden. Damit alle Verbrauchenden also in den Genuss von Honig kommen, geht es nur gemeinsam – mit Imkereien weltweit.

 

Der Beschluss auf EU-Ebene muss in den nächsten Monaten noch in nationales Recht umgesetzt werden. Was sind die Wünsche und Forderungen des Honig-Verbands dafür?

Wie bereits beschrieben, kommt durch die Neuregelungen massiver bürokratischer und organisatorischer Mehraufwand auf honig-abfüllende Betriebe zu – und auch auf die staatlichen Institutionen, die deren Einhaltung kontrollieren müssen. Um diesen nicht noch weiter zu steigern, hoffen wir auf eine einheitliche Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten.