„Die Kennzeichnungspflicht hat sich bewährt – nicht nur beim Honig“

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28.04.2021

Was drauf steht, muss auch drin sein – dieser Grundsatz ist ein zentrales Ziel der europäischen Honigrichtlinie. Mit der Kennzeichnungspflicht regelt sie, welche Angaben auf dem Honigglas stehen müssen. Dazu zählt auch die Herkunft des Naturprodukts. Im Interview spricht Frank Filodda, Vorsitzender des Honig-Verbands, über die aktuelle Regelung bei der Kennzeichnung von Honig und sagt, warum diese sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Honigabfüller sinnvoll ist.

 

Was ist die Kennzeichnungspflicht von Honig und wie sieht die aktuelle Regelung aus?

Die Kennzeichnungspflicht ist in der europäischen Honigrichtlinie verankert und sagt letztlich aus, dass überall dort, wo Honig draufsteht, auch Honig drin sein muss. Als Honig darf also nur das unveränderte Naturprodukt der Bienen bezeichnet werden. Die Honigrichtlinie legt fest, welche Anforderungen an die Bestandteile im Naturprodukt Honig gelten, also welche Anteile beispielsweise an Fructose und Glucose vorkommen dürfen, wie hoch der Anteil der Enzyme sein muss oder wie hoch der Wasseranteil sein darf. Zusätzlich stellt die Richtlinie klar, dass der Begriff „Honig“ um die Sorte oder die geografische Herkunft ergänzt werden darf. Natürlich dürfen auch andere Angaben wie das Mindesthaltbarkeitsdatum, die Füllmenge, eine Losnummer sowie Name und Anschrift des Abfüll-Betriebs nicht fehlen. Zur Kennzeichnungspflicht zählt auch die Herkunftsdeklaration des Honigs.

 

Gerade über die Herkunftsdeklaration von Honig wird häufig diskutiert. Was hat es damit genau auf sich?

Auf jedem Honigglas muss stehen, woher der enthaltene Honig stammt. Die EU gibt die Herkunftsdeklarationen seit 2005 für Honig vor: Danach können einzelne oder, falls zutreffend, auch mehrere Länder angegeben werden. Da Honig, wie z.B. auch Kaffee, häufig eine Mischung aus verschiedenen Ländern ist, sind auch die Angaben „Mischung aus EU-Ländern“, „Mischung aus Nicht-EU-Ländern“ oder „Mischung aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ möglich. Letzteres bedeutet natürlich, dass der Honig von überall herstammen darf. Entscheidend ist, dass der Verbraucher die Wahl hat und nach seinen Vorlieben seinen Honig auswählen kann. Im Handel findet sich eine große Auswahl an Honigen aus unterschiedlichsten Ländern. Oftmals ist die Herkunft aber nicht das entscheidende Kaufkriterium. Preis und Geschmack spielen ebenfalls eine große Rolle. Für die Qualität ist nicht die Herkunft entscheidend, sondern dass die Bienen überall auf der Welt gleich arbeiten.

 

Warum wird Honig aus verschiedenen Ländern gemischt?

Das hat mehrere Gründe. Zunächst hat jeder Verbraucher einen eigenen Geschmack und Vorlieben beim Honig. Ohne den Honig zu mischen, kann allerdings nicht immer der gleiche Geschmack garantiert werden. Durch unterschiedliche Witterungsbedingungen oder andere natürliche Faktoren unterscheidet sich jede Honigernte von der Ernte davor. Natürlich können extreme Wetterlagen oder Bienenkrankheiten auch ganze Ernten vernichten. Um diesen Lieferengpässen zuvorzukommen, wird Honig gemischt. Damit kann jedes Mal ein gleichbleibender Geschmack und eine hohe Qualität garantiert werden. Für den Geschmack ist es letztendlich egal, ob der Sonnenblumenhonig aus Deutschland, der Türkei oder Argentinien kommt. Deshalb ist die Kennzeichnungspflicht in ihrer aktuellen Ausgestaltung ja hilfreich für die Honigabfüller. Sie gibt ihnen die Möglichkeit, flexibel auf die Schwankungen am Honigmarkt zu reagieren. Und die Verbraucher profitieren davon auch finanziell: Der Honig kann langfristig zum bestmöglichen Preis angeboten werden.

 

Das hat aber keine Auswirkungen auf die Qualität?

Nein, das hat natürlich keine Auswirkungen auf die Qualität des Honigs. Es gibt zwei Faktoren für hohe Honigqualität: die Biene und den Imker. Wenn beide gut arbeiten, dann ist auch der Honig von hoher Qualität. Kritiker werden jetzt wahrscheinlich behaupten, dass Imker im Ausland nicht so gut arbeiten wie die Imker in Deutschland. Das ist Unsinn. Auf der ganzen Welt gibt es Imker, die sich hingebungsvoll um ihre Bienen kümmern und hochwertigen Honig produzieren. Dazu kommt: Die europäische Honigrichtlinie setzt hohe Standards bei der Qualität von Honig. Und die werden natürlich auch durchgesetzt! Honig, der in der EU verkauft werden soll, unterliegt deshalb strengen Kontrollen. Wenn Honig den hohen Standards nicht entspricht, wird er umgehend aus dem Verkehr gezogen. Ein Imker, der keine gute Arbeit macht, wird seinen Honig in der EU nicht verkaufen dürfen – das gilt sowohl für europäische Imker als auch für Imker außerhalb der EU.

 

Halten Sie die aktuelle Regelung für sinnvoll?

Ja, denn die Regelung gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein umfassendes Bild über den Honig und Freiheit bei der Kaufentscheidung. Je nach Vorliebe können sie wählen: Möchte ich einen Honig aus meiner Region, aus Deutschland oder aus aller Welt? Möchte ich lieber eine bestimmte Honigsorte wie etwa Raps- oder Akazienhonig? Welchen Geschmack wünsche ich mir von meinem Honig? Die aktuellen Regelungen haben sich bewährt – und das nicht nur beim Honig. Auch bei Bio-Produkten wird beispielsweise zwischen EU-Landwirtschaft und Nicht-EU-Landwirtschaft unterschieden. Und wer trotzdem mehr Informationen zur Herkunft des Honigs haben will, kann sich jederzeit beim Abfüller auf dem Glas danach erkundigen. Auf Nachfrage erhalten sie gern Auskünfte zur Honig-Herkunft.

 

Was ist dann der Hintergrund der aktuellen Diskussion?

Die Kennzeichnungspflicht sorgt dafür, dass jeder hochwertige Honig gleichberechtigt Zugang zum europäischen Markt bekommt. Das wollen viele europäische Imker allerdings nicht. Sie wollen, dass ihr Honig bevorzugt gekauft wird und behaupten deshalb, dass Honige aus anderen Ländern schlechter seien. Diese Behauptung wird jedoch nicht durch Fakten gestützt. Honige aus dem Ausland stehen deutschem Honig qualitativ in nichts nach. Europäische Imker befürchten, dass ihnen die Absatzmärkte wegbrechen. Das wird nicht passieren! Supermärkte bieten den heimischen Imkern vermehrt die Möglichkeit, ihren Honig zu verkaufen. Hierfür steht auch der Trend zu regionalen Produkten. Aber in Deutschland werden über 90% der Honigernte von Imkern direkt an Kunden verkauft. Der Honigkonsum in Deutschland und in Europa ist erheblich höher als die europäische Honigproduktion. Ohne den Import von Honig wären die Supermarktregale also nur halb so voll. Damit alle Verbraucher also in den Genuss von Honig kommen, geht es nur gemeinsam – mit Imkern weltweit.