Bienen mit Spürnase

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25.05.2021

Die Kriege in den 90er-Jahren haben bis heute Nachwirkungen auf die Menschen in Kroatien. Auf einer Fläche von mehr als 1.000 Quadratkilometern finden sich immer noch Landminen – seit 1998 sind mehr als 200 Menschen durch Explosionen ums Leben gekommen. Um die Sprengkörper aufzuspüren, haben Forscher eine neue Methode entwickelt: die Minensuche mit Sprengstoff-Spürbienen.

 

Bienen mit feinem Näschen

Experten schätzen, dass immer noch etwa 100.000 Landminen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina im Erdboden versteckt liegen. Das Problem: Damit sie geborgen werden können, müssen die Spezialkräfte den exakten Ort der Mine kennen, ansonsten laufen die Minenräumer Gefahr, von einer plötzlichen Explosion erfasst zu werden. Helfen können dabei zum Beispiel Spürhunde – aber auch Bienen. Die Insekten besitzen einen Geruchssinn, der den von Hunden sogar noch übertrifft. Ähnlich wie Spürhunde lassen sie sich auf einzelne Gerüche konditionieren. Das Team von Nikola Kezic, Professor für Landwirtschaft an der Universität Zagreb, machte sich dieses ungeahnte Talent der Bienen zunutze und trainierte sie auf den Geruch von Sprengstoff. Das Ziel: Die Bienen sollen anzeigen, wo genau Landminen vergraben sind. Das Training kann auf verschiedene Weisen durchgeführt werden, umfasst aber in der Regel eine Belohnungsmethode. Die Bienen bekommen Zuckersirup zu fressen, während sie den Geruch des zu suchenden Stoffes aufnehmen. Das kroatische Forscher-Team ließ die Bienen dazu zum Beispiel in einem Zelt frei, in dem die Nahrung von Sprengstoff umgeben war. Bereits nach wenigen Versuchen verbinden die Bienen den jeweiligen Geruch mit Nahrung – und fliegen Orte mit diesem Geruch gezielt an. Während ihres Einsatzes auf einem Minenfeld wird die Flugroute der Spürbienen mit einer Drohne überwacht. Kehren sie immer wieder zu einer Stelle zurück, ist dort wahrscheinlich eine Landmine vergraben. Zu Schaden kommen die Bienen bei dieser Arbeit nicht.

 

Viele Vorteile von Spürbienen

Der Einsatz von Bienen in der Minenräumung hat viele Vorteile. Sie können kleinste Mengen eines Stoffes bereits aus einer Entfernung von mehreren Kilometern aufspüren. Zudem haben Bienen eine höhere Ausdauer als Hunde, die meist nach etwa einer Stunde erschöpft sind. Aufgrund ihrer Größe laufen die Insekten auch keine Gefahr, von Landminen erfasst zu werden. Dazu kommt, dass die Ausbildungszeit einer „Spürbiene“ weniger kosten- und zeitintensiv ist als die Ausbildung eines Spürhundes. Und auch bei der Effektivität haben die Bienen die Nase vorn: unter Laborbedingungen fanden die Bienen 94 Prozent aller Minen– damit deutlich mehr als Spürhunde, die 60 Prozent der Sprengladungen erschnüffelten. Die Suche in der Natur ist allerdings deutlich schwieriger als im Labor. Die Natur bietet viele andere Ablenkungen für die suchenden Bienen. Außerdem ist der TNT-Geruch in der Natur deutlich schwächer als unter Laborbedingungen. Die kroatischen Forscher haben es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, den Geruchssinn der Bienen auch außerhalb des Labors nutzbar zu machen. Die bisherigen Testergebnisse machen Hoffnung, dass es den Forschern gelingt und die Bienen in wenigen Jahren echte Lebensretter sein können.

 

Spürbienen über Grenzen hinweg

Dass die Bienen für den Job der Sprengstoffsuche prädestiniert sind, fanden die kroatischen Forscher allerdings nicht als Erste heraus. Bereits einige Jahre zuvor entdeckten Wissenschaftler in den USA das Potenzial des Geruchssinns der summenden Alleskönner und trainierten diesen gezielt. Auch hierzulande haben Forscher das geheime Talent der Bienen inzwischen erkannt. Derzeit werden Verfahren entwickelt, um den Geruchssinn der Bienen nutzbar zu machen. An einigen Flughäfen in den USA werden sie beispielsweise bereits als Spürbienen eingesetzt. Das könnte auch hier Realität werden. Denn Bienen lassen sich nicht nur auf Sprengstoff trainieren, sondern auch auf andere Stoffe. So ist es auch möglich, sie beispielsweise für die Drogenfahndung einzusetzen. Bis es soweit ist, können sich die Bienen weiterhin voll und ganz auf die Honigproduktion konzentrieren.

 

Quellen

https://www.welt.de/

https://www.faz.net/

https://www.hessenschau.de/

https://phys.org/news/2013-05-honeybees-croatia.html

https://www.planet-wissen.de/

https://www.stern.de/

https://www.deutschlandfunknova.de/

https://www.zdf.de/